Anlageperspektiven 2015 – Ist Licht am Ende des Nullzins-Tunnels in Sicht?
Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank und Helmut Terhörst, Direktor Private Banking/Vermögensmanagement der Sparkasse Westmünsterland, beantworten die wichtigsten Anlegerfragen.
Herr Dr. Kater, was erwartet deutsche Anleger in 2015? Dauert die Niedrigzinsphase weiter an?
Dr. Ulrich Kater: Das zurückliegende Wirtschaftsjahr war zwar turbulent, endet aber durchaus versöhnlich. Die Konjunkturdaten Eurolands haben sich wieder stabilisiert, die Weltwirtschaft ist auf Wachstumskurs. Die deutsche Wirtschaft hatte aufgrund der mangelnden konjunkturellen Dynamik und der geopolitischen Spannungen aber durchaus mit Gegenwind zu kämpfen. Sie startet deshalb mit angezogener Handbremse ins neue Jahr. Dennoch sind wir durchaus optimistisch und gehen von einem moderaten Wachstum von 1,3 Prozent in 2015 aus. Die deutsche Wirtschaft sollte nicht zuletzt durch den sinkenden Euro und einen fallenden Ölpreis den ihr fehlenden Rückenwind erhalten.
Die Niedrigzinsphase wird hierzulande noch so lange andauern, wie die europäischen Länder auf ihren Schuldenbergen sitzen, die auch zur Finanzkrise geführt haben. Genauso wie diese Schuldenberge über Jahre angehäuft wurden, wird es auch Jahre dauern, bis sich die Situation wieder bessert. Deshalb rechnen wir vor Ende 2018 nicht mit einer Anhebung der Zinsen.
Die Sparer sind verunsichert. Sollten sie die Niedrigzinsphase lieber aussitzen?
Dr. Ulrich Kater: Das ist angesichts des Dauerzinstiefs sicherlich keine Lösung. Da die Zinsen unterhalb der aktuellen Inflationsrate von 0,8 Prozent liegen, haben die Sparer aber im Fall von Tagesgeldanlagen und Spareinlagen auch so einen Wertverlust. In Deutschland sind übrigens laut aktueller Bundesbank-Statistik vom Juni dieses Jahres 1,95 Billionen Euro in diese Anlagen investiert. Das Beste, was man sich für das neue Jahr vornehmen kann ist, neben Gesundheit und Fitness auch an der Optimierung der Geldanlage zu arbeiten – beides klappt allerdings leider nicht im Sitzen.
Also wirkt sich das aktuelle Niedrigzinsumfeld auch auf die langfristige Anlage aus?
Dr. Ulrich Kater: Richtig, real betrachtet ist ein schleichender Vermögensverlust im Gange. In unserer jüngsten Untersuchung haben wir den wahrscheinlichen Verlust für die Sparer auf rund 14 Milliarden Euro pro Jahr beziffert. Da wir davon ausgehen, dass das Zinstief noch einige Zeit andauert, reden wir in den kommenden Jahren schnell von mehr als 31 Milliarden Euro jährlich.
Welche Anlagechancen bieten sich denn trotz des niedrigen Zinsniveaus? Lohnt es sich nach der vergangenen, guten Wertentwicklung überhaupt noch in Aktienmärkte einzusteigen?
Helmut Terhörst: Anleger müssen derzeit mindestens ein Prozent Rendite pro Jahr erwirtschaften, wenn sie Inflation und Steuern ausgleichen wollen. Da die EZB allerdings ein Inflationsziel von nahe zwei Prozent verfolgt, dürften auf Dauer drei Prozent Rendite notwendig sein, um den Kapitalerhalt sicher zu stellen. Wenn man sein Geld auf längere Sicht anlegen möchte, macht es also Sinn, sich mit Wertpapieren und insbesondere mit Aktien, offenen Immobilienfonds oder auch Unternehmensanleihen zu beschäftigen. Aktienanlagen sind nicht automatisch mit Spekulationen gleichzusetzen. Der Kerngedanke ist, sich langfristig am Erfolg eines Unternehmens zu beteiligen.
Deshalb ist es für eine Aktienanlage nicht entscheidend, wo zum Beispiel der DAX in einem Jahr steht – sondern in zehn Jahren. Bei einem solchen Anlagehorizont sind Renditen von durchschnittlich fünf oder sechs Prozent im Jahr weiterhin realistisch – wenn auch mit deutlichen Schwankungen. Insgesamt rechnen wir mit einem für Aktien weiterhin positiven Umfeld.
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Die meisten Sparer achten nach wie vor sehr auf sichere Anlagemöglichkeiten. Wie kann ich Anlagechancen wahrnehmen, ohne große Wertschwankungen einzugehen?
Helmut Terhörst: Wenn hier von Aktienanlagen die Rede ist, geht es nicht um die Anlage in einen einzelnen Titel, sondern um Investmentfonds. Die unterliegen zwar auch kapitalmarktbedingten Schwankungen, die zu Verlusten führen können, aber sie funktionieren nach dem Prinzip der Streuung. Die breiteste Streuung hat ein international anlegender Aktienfonds, der in verschiedene Länder und dort wiederum in verschiedene Titel anlegt. Je breiter ein Fonds also streut, desto besser. Eine für alle passende Anlagelösung gibt es allerdings leider nicht. Wer ein gutes Gefühl bei der Anlage seines Geldes haben möchte, sollte etwas Zeit investieren und sich systematisch von einem Profi beraten lassen. Alternativ bieten sich auch Mischfonds an, die nur zu einem überschaubaren Anteil in Aktien investieren.
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Wie viel Sinn macht in Niedrigzinsphasen der Grundsatz der Vermögensaufteilung auf verschiedene Anlageklassen?
Helmut Terhörst: Der Grundsatz der Vermögensaufteilung hat sich bewährt und gilt daher immer. Voraussetzung für die Festlegung der Aufteilung ist die Bewertung der Lebensumstände, die Höhe der Anlagesumme, den Anlagehorizont und die persönliche Risikoeinstellung. In den meisten Fällen werden Berater und Kunde zu dem Schluss kommen, dass es gleichzeitig unterschiedliche Anlageziele mit unterschiedlichen Anlagehorizonten gibt: eine Reserve für unvorhergesehene Fälle wie Neuanschaffungen im Haushalt, die lang gehegte Traumreise oder die private Zusatzvorsorge für das Alter. Hier kommen dann wieder die verschiedenen Anlageklassen ins Spiel, also vor allem Aktien, Renten und Immobilien.
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