Der Finanzmarkt holt Atem / Die DAX-Ereignisse 2018
Helmut Terhörst, Direktor Private Banking, blickt auf das Finanzgeschehen zurück und wagt eine Prognose für das kommende Jahr.
Wer 2018 an den Kapitalmärkten Rendite erzielen wollte, musste schon sehr exotisch unterwegs sein. Aktien aus Jamaika oder Mazedonien warfen ein Plus von 37 Prozent ab. Dies lag vielleicht aber auch an der bescheidenen Größe dieser Aktienbörsen: Im mazedonischen Index finden sich nur zehn Unternehmen, der jamaikanische Markt besteht aus allen 31 Aktiengesellschaften des Landes. Und das war es schon fast mit den positiven Nachrichten von den Finanzmärkten in diesem Jahr.
Im Kapitalmarktjahr 2018 ist der Wurm drin
Denn ansonsten fielen die Renditen der unterschiedlichen Anlageklassen aus Sicht eines europäischen Anlegers enttäuschend aus. Anfang Dezember lagen Deutsche Aktien gemessen am DAX um knapp 12 Prozent unter ihrem Stand vom Jahresanfang. Nicht nur die großen Unternehmen des DAX, sondern auch die zweite Reihe des M-DAX (minus 10 Prozent) oder S-DAX (minus 11 Prozent) mussten Federn lassen. Unternehmensanleihen wiesen ein Minus von 1,3 Prozent auf. Im hochverzinslichen Bereich sogar von 3 Prozent. Mit türkischen Euro-Anleihen fuhr man bei einem Rückgang von 5 Prozent ebenfalls nicht gut. Gold und Silber gaben um 2 bzw. 10 Prozent nach. Auch Rohöl war nach einem beispiellosen Preisverfall in den letzten Monaten des Jahres um 12
Prozent billiger als zu Jahresanfang. Selbst das als Anlagealternative gepriesene Bitcoin verzeichnete dramatische Einbrüche. Eine solche Konstellation von Verlusten in allen Anlageklassen hat es noch nicht gegeben. Lediglich die guten alten deutschen Staatsanleihen glänzten mit einem Mini-Plus von gut einem Prozent.
Geldpolitik belastet die Märkte
Für diese breiten Kursrückgänge sind neben den politischen Themen des Jahres – Handelspolitik, Brexit, Italien – ebenfalls eine einzigartige makroökonomische Konstellation verantwortlich. Seit der Finanzkrise vor fast zehn Jahren haben die Notenbanken mit historisch nie dagewesenen Expansionsmaßnahmen Wirtschaft und Finanzmärkte gestützt. Mit zunehmendem Abstand von der Krise und mit zunehmender Normalisierung des Wirtschaftsgeschehens ist diese extreme Geldpolitik nicht mehr notwendig. Nachdem die US-Fed bereits seit drei Jahren die Schubumkehr eingeleitet hat, signalisierte in diesem Jahr auch die EZB, dass sie mit einer Rückführung der Anleihekäufe einen ähnlichen Weg einschlägt wie die Fed. Diese geldpolitische Wende ist es, die Irritationen und Trendwechsel an den Kapitalmärkten hervorruft. Auch die Konjunktur muss erst beweisen, dass sie nach vielen Jahren des Aufschwungs ohne geldpolitisches Doping leistungsfähig bleibt. Das alles hat in diesem Jahr zu erhöhten Schwankungen an Aktien- und Anleihemärkten geführt. Die enttäuschenden Ergebnisse des Anlagejahrs 2018 müssen allerdings in Zusammenhang mit den sehr guten Ergebnissen in den Vorjahren gesehen werden. Der Finanzmarkt muss Atem holen.
Anlage 2019: Chancen für den langfristigen Portfolioaufbau
Aber diese Ertragspause sollte nicht allzu lange anhalten. Zwar könnte es im ersten Halbjahr weiterhin etwas holperig zugehen an den Märkten. Es muss mit Kursbewegungen gerechnet werden, die den deutschen Leitindex auf drei oder sechs Monaten weiter belasten können. Mit einer Klärung der Konjunkturperspektiven im Jahresverlauf sollte dann jedoch eine Erholung einsetzen, die den Markt Ende des Jahres wieder über 12.000 Punkte steigen lässt. Dies eröffnet jedoch eher Chancen. Wenn politische Risiken und Zinssteigerungen abgehakt sind und die Konjunktur im kommenden Jahr dann doch noch Lebenszeichen von sich geben sollte, kann sich das Kursgeschehen auch schnell wieder umdrehen. Trotz des verhaltenen Ausblicks sollten Anleger dem Kapitalmarkt nicht den Rücken zukehren. Wer die Nerven behält, könnte in den kommenden Jahren dafür belohnt werden.